Geschlechterungleichheit innerhalb der technologischen Musikproduktion

Wie viele andere berufliche Felder ist auch die Erwerbsarbeit innerhalb der Musikbranche 


Wie viele andere berufliche Felder ist auch die Erwerbsarbeit innerhalb der Musikbranche 

von starken geschlechterspezifischen Ungleichheiten betroffen. Insbesondere die musiktechnologische Branche wird weitestgehend noch immer als männlich besetze Domäne verstanden.

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Innerhalb des Seminars „Geschlecht, Arbeitsmarkt und soziale Ungleichheit“ haben sich die beiden Studentinnen Miriam Pospiech und Isabella Kaul mit der Genderperspektive innerhalb der technologischen Musikproduktion beschäftigt. In ihrem Podcast werden bestehende Problematiken innerhalb des Studiums, der Ausbildung und des Berufes in diesem Feld thematisiert. Dazu gehen die beiden Studentinnen der Frage nach, weshalb die Exklusion von Frauen* innerhalb der musiktechnologischen Branche bis in die heutige Gegenwart anhält. Zusätzlich werden spannende Ausblicke für positive Veränderungen innerhalb des Feldes gegeben.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Empfehlungen für interessante sowie wichtige Initiativen, die gegen jene geschlechtsspezifischen Ungleichheiten ankämpfen.

Neben der wissenschaftlichen und empirischen Auseinandersetzung mit dieser Thematik, haben die beiden Studentinnen Miriam Pospiech und Isabella Kaul drei Interviewpartner*innen in ihrem Podcast zu Besuch, die von ihren persönlichen Erfahrungen innerhalb der Musikbranche berichten.


Teil 1 - Einleitung

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Miriam: Hallo, wir möchten euch herzlich zu diesem Podcast willkommen heißen. Mein Name ist Miriam Pospiech. Meine Kommilitonin Isabella Kaul und ich befinden uns im dritten Master Semester der Soziologie an der Universität Potsdam. Dann im Rahmen des Seminars Geschlecht, Arbeitsmarkt und soziale Ungleichheit haben wir uns mit der Gender-Perspektive innerhalb der technologischen Musik Produktion beschäftigt. Dafür haben wir mit 3 Personen gesprochen, die in der Branche arbeiten zum einen unsere erste Interview Partnerin Ella.  

Ella: Ich bin Ella, ich bin Komponistin und Sound Designerin, aber vornehmlich Komponistin in den letzten Jahren und mach' Musik für alles, was für bewegtes Bild ist, würde ich jetzt mal so ganz allgemein sagen, veröffentlicht meine eigene Musik unter meinem Namen und unter dem Namen Oma und ich schreibe Musik, ich recorde. Ich mixe, ich produziere. Ich mache eigentlich fast alles selber bis auf Mastering. Ja, ich hatte eine ganz klassische Musikausbildung, wollte dann aber nicht klassische Musik studieren. Meine Eltern wussten sich nicht so richtig, was man machen könnte, meinten dann immer, ich kann natürlich Musiklehrerin werden. Flötenlehrerin, Klavierlehrerin. Und ich war irgendwie ziemlich abgetan von der Idee und hab dann Philosophie studiert tatsächlich und hab erst nach dem Philosophiestudium angefangen, wieder währenddessen immer wieder Musik zu machen und bin dann nach Berlin gezogen und hab dann wieder angefangen Musik zu machen. Mein damaliger und jetziger Partner hatte ein Studio, das konnte ich einfach benutzen und da hatte ich dann die ersten Aufträge bekommen und hab dann gemerkt das ist wahnsinnig schwer, ist als Frau. Das war so ein ganz spezifisches Problem, weil er hatte auch - er hat auch nie Musik studiert, aber er war als Musik-Produzent mit seiner Band auch ziemlich etabliert und für ihn war das überhaupt kein Problem, Aufträge zu bekommen und für mich, weil ich eine Frau war und das nicht studiert hatte, war das immer sehr schwierig. Mir wurde diese Expertise einfach abgesprochen, obwohl ich mir das alles irgendwie reingezogen hatte und alles gelernt hatte auch und auch konnte. Und hab dann noch mal Sound-Design studiert, um diesen technischen Unterbau zu haben. Zu der klassischen Ausbildung.  

Miriam: Außerdem möchten wir euch unsere beiden anderen Interviewpartnerinnen Thomas und Mirka vorstellen.  

Mirka: Ja, mach vor allem Events die so irgendwie in Intersektionen laufen. Also zum Beispiel nicht nur Musik, sondern eben auch Politik oder auch Film oder auch Community Building. Also immer da, wo die Grenzen aufeinandertreffen. Das ist das was mich interessiert persönlich. Hab zeitgleich auch irgendwie mich dann angefangen für eben dieses Thema Frauen-Sternchen in der Musik zu interessieren und hab da sehr viele Gespräche mit sehr vielen Leuten geführt und habe 2017 dann mit 2 anderen Personen ein Festival dazu gegründet. Das hieß "We make waves", wo es eben explizit darum, Frauen und Nicht-Binären sowie Trans-Personen eine Bühne zu geben, das heißt das noch wirklich nur [unverständlich] aufgetreten und die Konferenz war - also sie war offen für Männer - aber sie wurden gebeten, im Hintergrund sich zu halten. Bin dann dabei irgendwie dann auf einmal auf ganz viele Showcases, Festivals, Konferenzen eingeladen worden, um über das Thema zu reden. Wenn es so eine Person gibt, dann wird die gleich zu ExpertIn. Das ist immer ganz witzig und da hat sich das dann irgendwie so weiterentwickelt. Wir haben dann das bayrische Musik, Music by Women erhoben und das bayerische Netzwerk für Frauen in der Musik gegründet. Quasi angeschlossen an den Dachverband Music in Germany. Genau und wurde dann auch noch 2017 als key change innovator mit ausgewählt. Damals waren das ich glaub 6 Länder und immer 5 Musiker:innen und 5 Music Industry Frauen, die quasi sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit einsetzen und die wurden dann quasi in sein Programm aufgenommen, wo es Mentoring gab, wo es Workshops gab es viele Get-Togethers gab, wo man platziert wurde, um auf Konferenzen zu sprechen, wo die Musikerin auch auf den Show Cases auftreten konnte.  

Thomas: Ja, also meine Station hat nicht in Berlin angefangen, wo ich jetzt gerade arbeite und lebe, sondern in einem kleinen Dorf in Oberbayern, das sich Lenggries nennt. Dort hatte ich so in meinem Aufwachsen sehr viel Kontakte zur Musik in allen möglichen Formen und hab selbst Instrumente gespielt, später dann als Teenager angefangen, mich selbst aufzunehmen, dann andere Leute aufzunehmen und so kam sozusagen diese Passion zu Musikaufnahme und Musikproduktion. Welche mich dann auch so während der Zeit in der Oberstufe dazu geführt hat, ein eigenes Studio aufzumachen, eben in dem besagten Heimatort und das Studio habe ich dann zweieinhalb Jahre genutzt, um sozusagen meine Fähigkeiten in dem Gebiet Audio Engineering, Post-Produktion Music Production auszuführen. Und irgendwann dachte ich mir, es wäre vielleicht doch noch an der Zeit, von anderen Leuten zu lernen und bin aus dem Grund dann nach Berlin gezogen aus meinem kleinen bayerischen Ort. Und bin dort ins Abby Road Institut gegangen, um mich dort mit den ganzen Dingen zu beschäftigen, die mich davor eben interessiert haben. Dort habe ich 2020 im März meinen Abschluss gemacht, und ja, bin seitdem freiberufliche Audio Engeneer und Music Producer in dieser wunderschönen Stadt Berlin.  

Miriam: An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass die meisten wissenschaftliche Forschungen zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Musiktechnologie sich an den binären Kategorien Mann und Frau orientiert. Natürlich sind aber auch weiblich gelesene Personen, die sich nicht als Frau identifizieren von diesen Disparitäten betroffen. Es ist also unbedingt notwendig, dass Personen, die nicht dem binären Geschlechtersystem angehören, inkludiert werden. Technologie wird weitgehend immer noch als männlich besetzte Domäne verstanden. Deswegen ist es ein Anliegen der Bundesregierung, den Anteil von Frauen in Mint berufen, also der Mathematik, Informatik, den Natur und Ingenieurwissenschaften und der Technik zu steigern. Und auch in der Musikindustrie gibt es zahlreiche Initiativen, die darauf abzielen, auf geschlechterbasierte Disparitäten aufmerksam zu machen und ihnen entgegenzuwirken, wie zum Beispiel Key Note oder das Netzwerk Music Industry Women vom Verband unabhängiger Musikunternehmen:innen. Die Musiktechnologie stellt eine Schnittstelle zwischen diesen beiden Branchen dar, die gleichermaßen von geschlechtsspezifischer Ungleichheit betroffen sind, wie sich unter anderem an der hartnäckig bestehenden Lohnlücke zeigen lässt. Musiktechnologie lässt sich beschreiben, als die Entwicklung von Werkzeugen für das Musizieren und die Produktion von musikalischen Inhalten in den Massenmedien sowie die Techniken für die Anwendung dieser Werkzeuge. Musiktechnologie ist deshalb ein diverses Feld, welches Tontechnik, Kompositionen das Abmischen und aufnehmen sowie das Know How digitaler und analoger Werkzeuge beinhaltet. Im Folgenden möchten wir darüber sprechen, wie sich dieser Mikrokosmos der Musiktechnologie in Bezug auf Geschlecht und Technologie zusammen setzt und welche sozialen Prozesse hinter der Unterrepräsentation von Frauen stecken, könnten. Zunächst einmal ein paar Zahlen und Fakten, die die großen geschlechtlich basierten Ungleichheiten aufgreifen. Beispielsweise zeigt eine Analyse der Billboard Charts das von 1797 Künstler:innen gerade mal 2,6% weiblich gelesene Produzent:innen sind das entspricht einem Verhältnis von 180 zu 1 auch Ton Techniker:innen sind immer noch mit weniger als 15% in der Industrie vertreten. Bemerkbar macht sich das auch an sogenannten Gender Pay Gap, also dem Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen. Der Bundesverband der Deutschen Musikindustrie, dessen Vorstand sich im übrigen aus 5 Männern zusammensetzt, berichtet, dass im Jahr 2014 selbstständige Musiker in Deutschland durchschnittlich 12 500€ im Jahr verdienten, während der Durchschnitt selbstständiger Musikerin bei 10 100€ lag. Für Komponist Innen lag, laut dem Bericht des deutschen Kulturrats zu Frauen in Kultur und Medien, die Einkommensdifferenz im Jahr 2014 bei 35 und für Musikbearbeitung bei ca. 36%. Interessant ist auch der Fakt, dass bei den männlichen Versicherten Musikbearbeiter zu den überdurchschnittlich verdienenden im Bereich der Musik zählen, während für weibliche Versicherte diese Berufsgruppe zu den unter durchschnittlich entlohnten gehören. Geschlechtsspezifische Diskrepanzen können also generell hinreichend nachgewiesen werden. Wir wollen uns im folgenden anschauen, wie diese entstehen und sich im Laufe der Ausbildung des Studiums und des Berufs fortsetzten. Zunächst einmal zum Thema Studium und Ausbildung. In einer Studie zur Vergeschlechtlichung von Musiktechnologie aus dem Jahr 2006 erzählen Befragte, dass Männer von einem jungen Alter an Zugang zu informellen Veranstaltungsorten und zusätzlich viel Peer to Peer-Unterstützung im Erlernen von technologischen Fähigkeiten haben. Frauen hingegen werden oft davon abgehalten, diese Arbeit zu machen und daher sind sie, wenn sie sich einmal für eine Ausbildung entschieden haben, oft sowohl älter als auch gleichzeitig in einem früheren Stadium der beruflichen Entwicklung. Es besteht eine große Schwierigkeit, Zugang zu musiktechnologischen Praktika oder Ausbildung zu bekommen. Deshalb spielt die akademische Ausbildung für Frauen in diesem Feld eine besonders große Rolle.  

Ella: Ist einfach so wichtig. Wie an meiner Uni. Da war halt einfach keine Frau und das ist dann einfach so - Leute, das kann doch nicht sein, also es kann nicht sein. Vor allem in einer Stadt wie Berlin. Bei mir in der Uni, als ich angefangen habe zu studieren bei dem Kennenlernen oder bevor ich angefangen hab, hat mir halt die Sekretärin bei dem Gespräch gesagt: "Aber du weißt schon, das ist sehr technischer Studiengang?" und ich bin halt, ich bin halt alt genug. Ich lass mich halt von so jemanden nicht abschrecken, aber wenn ich mir vorstelle du bist 18 und dir sagt das jemand, dann überlegst es dir vielleicht noch. Dann machst du halt doch etwas anderes, was nicht so technisch ist.  

Miriam: Der Anteil an Frauen in Studiengängen für Musikberufe überwiegt knapp den von Männern. Aber auch hier zeigen sich starke geschlechtsspezifische Differenzen: In Studiengängen wie Rhythmik mit 94,4%, Gesang mit 60,1% oder Musik im Lehramt mit etwa 60,5% überwiegt der Anteil an Frauen stark, während für das Wintersemester 19/20 die Rate an Frauen im Fach Kompositionen zwar angestiegen ist, aber trotzdem nur zirka 36% beträgt. Für Tonmeisterinnen sind es gerade einmal 13,5%. Damit bestätigt sich, dass akademisches Training etwas häufiger von Frauen im Musik Bereich genutzt wird, Studiengänge für technische Berufe allerdings weitaus weniger von Frauen besetzt sind. Der Glaube, dass Männer besser geeignet für Felder wie Mathematik, Technologie und Wissenschaft seien, vermittelt das Bild, dass Frauen keine Chancen in diesen Bereichen haben.  

Ella: Ich habe aber das Gefühl, ich muss härter dafür kämpfen. Ich muss irgendwie taffer sein. Auch an der Uni, weil ich war die einzige Frau in meinem Studiengang im ersten Jahrgang. Ich hatte halt immer so das Gefühl, ich hatte halt bei Elektrotechnik ein klassisches Männer-Fach oder so - was weiß ich? Ich war bin aber halt mega die Streberin und klingt super ambitioniert und hat halt einfach so ein sehr gut auf diese Prüfung und der Dozent ist halt so: "Wow Ella, das hat mich jetzt schon überrascht." Das ist so - come on, also weißt du, das musste so extra erwähnt werden und das ist halt auch ganz normal, da wird das halt von den Dozenten noch so weiter... Nicht von allen Dozenten, muss ich fairerweise sagen. Aber trotzdem gibt es viele Dozenten, die ich eher so diese klassischen männlichen Gebiete unterrichten, die dann halt so was sagen, die mich dann halt eher behandeln, wie wenn ich so ein bisschen zurückgeblieben wäre, weil es ja Mathe oder so. Da hab ich schon mal das Gefühl, ich muss oder hatte ich das Gefühl, ich muss mal zum extra Leistung immer bringen so als würde ich ok, wenn ich jetzt einen Fehler mache oder wenn ich jetzt was verbock, dann verbock ich das nicht für mich nur, sondern ich verbockt, dass wir alle anderen Frauen. Das halt mega scary und mega stressig natürlich auch.  

Mirka: Wir haben hier einen Workshop gemacht für Modular Synthesizer Festival. Da hat Deutschland Radio Kultur hat darüber berichtet: Männer, die an Knöpfen drehen. Also ich glaub von 150 Leuten war 3 Frauen oder weiblich gelesene Personen. Auf diesem Fest zum Beispiel, das war eigentlich ein total schönes Festival, aber selbst da wurde dann ein Workshop angeboten, wo Personen quasi irgendwas selber löten konnten. Ich weiß nicht mehr genau was das war. Und dann hat eine Freundin von mir sich dazu gesetzt und dann wurde ihr als erstes gesagt: "Ja, du kannst betrügen, den auch fertig kaufen." Also ich meine, das war explizit ein Workshop, wo man sich das selber lötet. Sie wird sich ja nicht zum Spaß hingesetzt haben und das ist das erste, was man ihr sagt. Und sie hat dann gemeint, das hat sie einfach ignoriert, weil das ist halt so typisch: Dieses erstmal so Abgrenzung schaffen und so Hierarchisierung auch.  

Miriam: Das kann stark entmutigend wirken. Ein weiterer Faktor sind fehlende weiblich gelesene Vorbilder im Bereich der Sound Engineerings.  

Ella: Ich glaub es nicht einfach zu wenig Role Models. Ich glaub, das ist schon echt eines der größten Probleme, wenn du halt nie siehst das ne Frau, das macht oder das ne Frau was erreicht, wo du hin kannst, dann weißt du ja gar nicht, dass du dahin kannst, also das ist das gibt als Option. Zumindest für mich war das schon ausschlaggebend. Alle Frauen, die ich kannte, den ich wusste, als ich ein Teenager war, und ich hab halt, seitdem ich 5 bin ein Instrument gespielt, war halt so ja, die werden dann halt alle Lehrer, Flötenlehrer oder Klavierlehrer. So das sind die 2 Optionen. Das kann man machen.  

Thomas: Also zumindest beim Abby Road gab es keine einzige weibliche Dozierende und das ja, das ist halt auch das problematisch. Es fehlen halt Vorbilder.  

Miriam: Zeichne tradierten Geschlechter Klischees werden durchaus auch innerhalb der akademischen Ausbildung fortgesetzt. Studien zeigen, dass männliche Schüler von ihren Lehrer:innen als fantasievoller, spontaner und kreativer wahrgenommen werden, während Schülerinnen als fleißiger, aber auch weniger kreativ und dafür konformer bezeichnet wurden. Ein männlich dominierter Diskurs in der Klasse sorge deshalb dafür, dass sich männliche Schüler selbst dazu positiv in Relation setzen können, während für weibliche Schülerinnen diese Bestätigung fehle. Stattdessen entsteht sehr früh eine Boys Club Mentalität, die Kameradschaft nur unter männlichen Schülern fördert und Schülerinnen als Nutznießerinnen von Hilfestellungen darstellt. Diese Machtstrukturen werden von Lehrern und Lehrerinnen, welche im übrigen stark unterrepräsentiert sind, durchaus bestätigt und fortgeführt.  

Ella: Also das habe ich halt so ganz konkret an der Arbeit in der Firma von meinem Mann gesehen. Dass die: Ah da kündigt jemand hast du überhaupt plötzlich und wir brauchen jemanden und dann bequemlichkeitshalber geht man halt einfach in die Liste der Leute, die man halt schon hat und kennt, wenn man sich eine Woche mehr Zeit nehmen würde, könnte man einfach gucken. Oh wen gibt es da noch außerhalb von diesem Pool? Ich glaube schon, dass das ein strukturelles Problem ist, ein Faulheitsproblem und Bequemlichkeitsproblem. Das kann kein Zufall sein, dass die meisten Dozenten an meiner Uni an der selben Uni studiert haben.  

Thomas: Da ist das Abby Road Institut ein sehr gutes Beispiel dafür gewesen, wie es, so glaube ich in der gesamten Branche eben auch aussieht. Eine Einrichtung wie diese ist halt der Startpunkt für sehr viele Karrieren und allein da hat sich halt dieses Bild sehr deutlich abgezeichnet, dass es zumindest ein Ungleichgewicht gibt, allein dahingehend, dass es schon mal an der Quantität einfach eine sehr, sehr große Diskrepanz gab. Wir waren damals ein Kurs mit 9 Leuten, wovon eine weiblich war. In diesem ganzen System sehr verankert ist, war eine Situation, an die ich mich erinnern kann in einer Lehreinheit, einer unserer Dozierenden eine Aussage gegenüber uns Studierenden damals gemacht hat. Das war zu einem Zeitpunkt, wo eben jene weibliche Kursteilnehmerin an diesem Tag nicht, da war und wie es so oft ist und man manche Männer eben mit anderen Männern zusammen sein lässt, gibt es halt dann diesen berühmt berüchtigten Locker-Room-Talk, der mit oberflächlichen Kommentar also auch zu wirklich irgendwie sehr tief blicken, Statements stattfinden kann. Und eine Situation, an die ich mich sehr stark ändern kann, ist das eine unserer Dozierenden dort, der auch eine Respektsperson war und eine höhere Rolle sozusagen in diesem Institut gespielt hat., von einem gewissen elektronischen Werkzeug sozusagen gesprochen hat, welches sich eben in Verbindung mit hohem Benutzen - ist dieses Gerät hatte eben nur einen Knopf, war ziemlich simpel aufgebaut und meinte dann eben ja ja, das Beste daran sei das ist ja auch von Frauen sehr leicht zu bedienen sei, weil es hat ja nur einen Knopf. Was mich im Nachhinein auch noch sehr damit beschäftigt ist, dass niemand in dem Moment hat auch was gesagt hat. Und ihn niemand darauf hingewiesen hat, dass so Aussagen in diesem Moment vielleicht keiner der anwesenden Personen wehtun, aber diese Aussagen wenn sie halt toleriert werden einfach sehr viel Schaden anrichten und ich glaube nicht nur so menschlich und moralisch Schaden anrichten, einfach im Großen und ganzen, sondern dass sie auch zum Selbstbild dieser Branche beitragen.




Teil 2 - Erfahrungsberichte

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Miriam: Nur wenige AbsolventInnen sind als KomponistInnen freiberuflich tätig und auch HochschulprofessorInnen sind enorm unterrepräsentiert. Einer der Gründe wird als folgender angegeben: KomponistInnen partizipieren weniger an der individuellen Künstlerförderung als ihre Kollegen. Sie erhalten seltener die Chance, im Rahmen eines Stipendiums an ihrem Werk zu arbeiten. Das wirkt sich auf das künstlerische Schaffen und die Präsentationsmöglichkeiten aus. Machtdynamiken und Geschlechter rollen bleiben häufig unangesprochen, was sich in den subtilen als auch sehr offensichtlichen Barrieren für Frauen in der musiktechnologischen Branche zeigt.  

Ella: Bei dem Sound Design, bei diesen Auftragsarbeiten merkt man je höher die Beträge werden, je größer die Projekte sind, desto vorsichtiger sind Kunden, wenn da jetzt nur ne Frau involviert ist und das geht ... das zieht sich aber bis zu - also ne Freundin von mir, die hat letztes Jahr einen Oscar gewonnen für die Filmmusik von Film und bei der ist es noch immer so, also das ist so die kriegt dann gefragt, ob sie sicher ist das kann. Und das ist halt so wahnsinnig frustrierend. Ich glaub, das ist auch so eine Erziehungsfrage und das ist auch was, wenn du meintest ne Herausforderung, was mir noch einfällt. Uns wird nicht beigebracht Geld zu verlangen. Wenn wir was nicht so gut können sind - bin ich zum Beispiel oder die meisten Kolleginnen von mir eher so: "Ja, dann sagen wir halt, ne kein Geld passt schon und machen wir mal." Und die Studenten von meinem Mann - die ganze Studentinnen - der hat mehrere Studentinnen, das ist ganz cool - die sind genauso, die sind immer so: "Ja, weil ich hab das ja noch nie gemacht. Ich kann kein Geld dafür verlangen." Und die Jungs haben das noch nie gemacht, aber trotzdem: "Ja, 50€." Ich weiß nicht ob du Musik Agenturen kennst? Das ist auch so ein Schlangennest, so ein bisschen, aber das schicke ich dann halt auch manchmal meinen Mann vor. Dann lasse ich ihn halt anrufen, weil ich weiß, dass sie mit ihm anders treten werden und ich mach das jetzt auch selber meistens immer nur per E-Mail, weil ich finde es telefonisch mit Männern, die hart sexistisch sind, ist es wahnsinnig schwierig nen Gespräch zu führen. Und dann mach ich das eher per E-Mail, wo ich dann mich einfach erklären und sage: "Hey nee, ich hab keine Lust auf die Zusammenarbeit. Interessiert mich nicht weil..." Aber das kann ich auch nur machen, weil ich es mir leisten kann.  

Mirka: Also Booking ist auf jeden Fall... das werden... aber auch da ist wieder so, also die Leute, die quasi an der Macht sitzen, die zum Beispiel MusikerInnen buchen - das sind auch Männer. Genauso aber auch in der Industry Seite. Du wirst zwar eingestellt, das heißt, du kriegst eigentlich diese - ich glaube aber entry level-Positionen ist ziemlich ausgewogen, aber die, die weiter nach oben kommen das ist sehr, sehr unterschiedlich. Und da merkst du, das es einfach Männer viel einfacher haben und so viel mehr Männer an die Spitze schaffen als Frauen zum Beispiel. Und das dann aber auch, selbst wenn du beides irgendwie kannst, also du schaffst das als Freunde Spitze und dann kann es immer noch sein, dass du 50% weniger verdienst, im schlechtesten Fall, als die Männer.  

Miriam: Ungefragte Erklärungen und Hinweise männlicher Kollegen, Infragestellung der Kompetenzen, auch seitens männlicher Professoren, männerdominierte Umgebungen, in denen Frauen ignoriert oder über sie hinweg gesprochen wird. Ungleicher Behandlung im Bildungsbereich, Sexismus und sexuelle Ãœbergriffe sind Teil der Audio-Kultur.  

Ella: Ich habe mit meinem Mann erst gemeinsam gespielt, weil wir gemeinsam ein Projekt hatten und da wurde mir nie gesprochen, also wirklich ausschließlich nicht. Ich war da immer nur die Sängerin. Obwohl wir 50/50 die Musik gemacht haben, auch produziert und so. Das ist so in Interviews auch. Das war also wirklich fürchterlich. Ich kam da an mit meinem ganzen Equipment, hab alles da verkabelt und aufgebaut und trotzdem waren es immer so Tontechniker: "Bist du sicher? Kannst du das? was du Hilfe?" Und es ist so: "Yo nee, ich hab das hier auch gerade alles aufgebaut" Und das ist wirklich so, dass es wirklich so wie man es sich vorstellt. Diese Erfahrungen - die sind im Club, dass ne Frau was aufbaut. Alle meine Kolleginnen kennen das. Also dass es jeder Frau, die ich kenne, passiert ist. Der Tontechniker kommt, fragt: "Brauchst du Hilfe?" Und man denkt sich so: "Ach, geh weg das mein Setup, das mein Equipment! Ich mach das. Ich hab geprobt. Ich brauch deine Hilfe nicht."  

Mirka: Schau mal auf Tour mit einer Band und dann stand da 3 Tontechniker an der Anlage und denen ist nicht aufgefallen, dass die Band gar nicht über die Anlage sondern über die Backline gespielt hat. 3 Songs lang. Und ich bin da hingegangen und hab gemeint: "So sag mal, hört sich nicht so an, als ob die Anlage an wäre." Und die so: "Ne, das wissen wir schon besser." Also das sind so Sachen, wo Männer halt oft so Selbstverständlichkeit in Ihrem Wissen irgendwie, wie soll ich sagen, also was Männer sagen, stimmt für sie einfach immer und wenn ein Mann hingegangen wäre, wäre das anders quasi angenommen worden.  

Thomas: Was, was mir heute noch so im Arbeitsalltag noch oft begegnet, ist, dass im ersten Moment von Dritten, die in ein Studio beispielsweise kommen oder in eine Aufnahmesituation, wo eine Frau entweder die Produzentinrolle oder die Engineeringrolle einnimmt, würde erstmal davon ausgegangen, dass jeder andere in dieser Situation der Produzent sei, oder der Engeneer sei, außer halt die Frau. Also das kann man sich dann so vorstellen, dass ich zum Beispiel einer weiblichen Engineer assistiere und dann kommen Kunden, andere Produzenten von irgendwoher in den Raum und es wird sofort davon ausgegangen, dass ich halt der Engineer bin oder der Produzent und diese andere Person halt höchstens halt die Assistentin und das sorgt für sehr viele unangenehme Situationen.  

Miriam: Der Begriff Gender Negotiation beschreibt die Art der emotionalen und sozialen Kontrolle, die Frauen in männerdominierten Umgebungen leisten müssen, um sich Respekt zu verschaffen. Abwägen, vermitteln und ein starkes diplomatisches Auftreten sind Verhaltensweisen, die Frauen übernehmen, um Konflikte zu vermeiden und ernst genommen zu werden.  

Ella: Man passt sich dann halt an. Man wird halt pushy und ein bisschen kämpferischerer, damit man sich das halt nicht mehr reinziehen muss, aber das fand ich eine schlimme Erfahrung.  

Mirka: Irgendjemand hat mal gesagt: "Be polite and be pushy." Also ich glaub, man muss echt auch wissen, was man will. Man kommt da nicht - bei anderen Sachen kommt man vielleicht damit weiter, dass man sich nett im Hintergrund hält, aber das ist keine Industrie dafür. Das heißt, du musst einfach auch bereit sein, dafür zu kämpfen, was du möchtest und das nicht nur einmal das ist halt, sehr anstrengend, sondern eigentlich die ganze Zeit über. Also man braucht schon auch ein bisschen einen Panzer, würd' ich sagen, der irgendwie da durch hilft. Und es hilft, wenn man die Persönlichkeit schon hat und wenn man die nicht hat, muss man einfach sehr stark überlegen: Kann ich das oder mach ich mich selbst kaputt damit? Und wo ist meine Grenze? Also ich glaube, ganz viel muss man auch überlegen: Wo geht es mir noch gut und wo macht das gar keinen Sinn, weil ich das überhaupt nicht leisten kann, weil das mich psychisch so fertig macht?  

Miriam: Hinzu kommt, dass die sogenannte Work-Life-Balance häufig für Frauen von größerem Belang ist. Insbesondere Frauen, die Kinder haben, werden in ihrer Zuverlässigkeit, aber auch in ihrer Kompetenz in Frage gestellt. Eine solche Mentalität kann der Grund dafür sein, dass viele Unternehmen keine flexiblen Arbeitsrichtlinien besitzen. In einer Studie aus dem Jahr 2019 wurden 75 Songwriterinnen und Produzentinnen zu ihren Erfahrungen im Tonstudio befragt. Von denen 43% angaben, dass ihnen ihre Fähigkeiten abgesprochen wurden, 39% berichteten von Stereotypisierungen und Sexualisierungen, 36% benannten die Industrie als männerdominiert und wiederum 25% gaben an, die einzige Frau im Tonstudio zu sein, nur 19% gaben an, finanziell stabil zu sein. Auch der Gebrauch von Alkohol und Drogen wurde von 20% vermerkt, was auf die fehlende Rücksicht bezüglich der Work Life Balance hindeutet, die auch Mika im Interview benannte.  

Mirka: Und es gibt halt immer mehr Geschichten, die man hört, also zum Beispiel hat mir eine Person erzählt, die ist jetzt da angekommen, wo sie hinkommen kann und weil, da kommt sie nicht, weil da ist so eine gläserne Decke und sie weigert sich, mit den Chefs in Puff zu gehen. Da würde sie quasi - draw the line - also, da geht es ja nicht drüber hinweg und deswegen kommt sie da nicht weiter. Das ist da aber ganz ok sowas zu sagen, ne? Die einzige Industrie... Also irgendjemand meinte, dass es eigentlich die unprofessionelleste ist, weil ganz viel wird gemacht, wenn man total betrunken ist, morgens um 5 oder 6 oder eben diese Geschichte mit in den Puff gehen. Das ist alles nur in dieser einen Industrie da völlig normal. Das ist wer in jedem anderen Ding eigentlich total das Gegenteil. Also so, das, wo man immer so hört, wie Leute sich auf der Weihnachtsfeier irgendwie ins Verderben stürzen. Und bei uns ist es eigentlich genau der Ort, wo man irgendwie weiterkommt, wenn ich 06:00 Uhr morgens nur den 10 Schnaps mit irgendjemanden kippe und der dann sagt: "Du bist so professionell! Wollen wir zusammenarbeiten?" Und genau das passiert halt hier. Dass man davon auch wegkommt und dass man darüber auch reden muss, dass es so Strukturen gibt... Es gibt quasi kaum oder fast gar keine Unterstützung für Familien. Und wenn beide dann - ist oft so, dass irgendwie beide MusikerInnen sind - dann muss die Person daheim bleiben, die weniger Geld verdient und das ist halt dann meistens die Frau.




Teil 3 - Fazit

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Miriam: Insgesamt lässt sich also feststellen, dass auch im Bereich der Musikindustrie und -technologie bestehende Geschlechterrollen fortgesetzt werden und weiblich gelesene Menschen benachteiligen. Das kann, aber muss sich nicht in der Form von Lohnunterschieden äußern. Vor allen Dingen sind Stereotypisierungen, die weiblich gelesenen Personen abverlangen, besonders hartnäckig, besonders durchsetzungsfähig und besonders fleißig zu sein, um die Anerkennung männlicher Kollegen, ihre Auftraggeberinnen und Lehrenden zu erlangen. Zum Ende unseres Podcast möchten wir euch noch einen kleinen Ausblick geben. Unsere Interview PartnerInnen haben nämlich selber konkrete Wünsche und Vorstellungen dazu, wie die Sichtbarkeit von weiblich gelesenen Personen in der Musikindustrie verbessert werden kann.  

Mirka: Ich glaub: "Built your own tribe!" ist das aller wichtigste. Also schafft dir Netzwerke und zwar mit Männer wie mit Frauen, weil du brauchst die Menschen. Die, die was ändern können, die dir weiterhelfen können, sind halt auf den Machtpositionen und das sind halt meistens Männer, das heißt du brauchst beide. Aber eben ganz stark Frauen oder Menschen, die ähnlich sind zu dir, damit du irgendwie gemeinsam darüber reden kannst, was passiert ist und wie du damit noch umgehst, weil das ist nicht für jeden gemacht, das ist einfach auch ein Business, das ziemlich hart sein kann und wo man sehr viel auch aushalten können muss. Ich glaube, immer noch irgendwie Menschen hat, die einem da Rückhalt geben und die irgendwie unterstützen und dir auch sagen: "Hey, das hat nichts mit dir zu tun, das ist einfach eine strukturelle Sache und wir können da jetzt gemeinsam drüber hinweg sehen." Das hilft ungemein. Also Netzwerke sind einfach das A und O in dieser Industrie und je weniger macht du hast und desto mehr Netzwerke brauchst du eigentlich, um weiterzukommen. Also ich denke, dass wir mit der Quote anfangen müssen. Dass wir explizit Fördertöpfe auch für Flinta angehen müssen, dass wir das intersektional denken und eben nicht nur denken, ja ich als Frau, sondern ich als eben auch People of color, Women of Colour und so weiter... Also, dass man das immer gleich mitdenkt und nicht sagt: "Ja, das ist jetzt mein Problem und ich kümmere mich jetzt nur um mein Problem." Weil sonst machen wir das eigentlich genauso wie die anderen auch. Sondern, dass wir uns hinsetzen und überlegen welche Gruppen werden gerade allesamt benachteiligt und wie können wir gemeinsam irgendwie für Veränderungen sorgen. Indem wir uns zusammentun und sagen, und wir fordern jetzt für uns alle und nicht nur für diese eine Teilgruppe irgendwie Veränderung. Ja, ich glaube, es braucht einfach vielleicht auch Schulungen. Also es muss irgendwie auch top-down so ein bisschen was passieren. Ich glaub, dass Städte und Kommunen da auch sehr viel Nachholbedarf haben. Dass sie irgendwie überlegen können, was machen sie. Also zum Beispiel Jury: Wenn die Jury nicht divers besetzt sind, dann vergeben die auch keine diversen Entscheidungen. Also dann kriegen zum Beispiel, wenn 5 Männer in der Jury sind, 5 alte weiße Männer, dann werden die sehr wahrscheinlich auch schon weiße alte Männer auszeichnen oder fördern. Oder dass man Jurys brieft, dass man darüber nachdenkt: "Ok, ich hab's jetzt nicht geschafft, eine diverse Jury hinzukriegen, aber ich kann denen mitgeben: Uns ist es wichtig, Diversity zu leben. Wir wollen mindestens 50% Frauen* fördern und bitte bedenken das in euren Entscheidungen." Das kann man alles machen. Das ist überhaupt nicht schwierig. Das kostet nicht mehr Geld. Das ist ein paar Minuten Lebenszeit, die man irgendwie einsetzen muss und ja dann halt auch sowas wie mehr Awarenessarbeit. Dass Festivals einfach verpflichtend und zwar in alle Richtungen für ihr Team, für die Auftretenden... Also so Sachen: Wen stelle ich auf die Bühne. Und das halt irgendwelche anzüglichen Witzlein und sonst was halt nicht in Ordnung sind. Solche Sachen halt alle nicht mehr irgendwie an der Tagesordnung liegen, dann wird das auch ein Ort sein, wo Menschen jedweder Art irgendwie sich sicher da führen können und dann vielleicht doch automatisch eher teilhaben werden. Das ist das größte Problem viele Leute wollen was tun, aber tun es nicht wirklich, sondern sagen dann immer: "Ja ja, ich mach doch schon irgendwas oder ich..." Also ich glaub in den Köpfen ist das anders als in der Realität und zwischen wollen und tun sind halt Unterschiede. Und da müssen wir glaube ich noch sehr, sehr viel dran arbeiten. Also wir arbeiten zum Beispiel gerade an der Idee - Das gibt es in anderen Ländern schon. Eine Safer und Nightlife pledge, dass sich Veranstaltende freiwillig selbst verpflichten, in bestimmten Sachen, Einzelheiten ihr Team zu schulen, Awareness-Poster zu haben, vielleicht sogar genderneutrale Toiletten zu haben oder gratis Leitungswasser also das man irgendwie so zeigt, ähnlich wie der key change pledge, dass es möglich ist und wenn ein paar große Leute mitmachen, das dann halt irgendwie so nach unten auch den Druck erhöht, dass alle mitmachen. Und dass man dafür auch irgendwie so Öffentlichkeit findet. Ich glaub, das ist ein ganz guter Schritt wäre.  

Ella: Ich glaub einfach Frauen sichtbarer machen, vor allem in der Bildung. Dass so "bring your parents to school"-Day und dann reden sie über ihre Arbeit. Glaube mehr so Sachen machen und dann einfach gucken, dass man halt Frauen dahin bringt, die alles Mögliche machen. Frauen, die den ganzen Tag an irgendwelchen Knöpfen rum drehen. Frauen, die die hat Berufe machen, die sonst im Kopf nur Männer machen, was ja nicht stimmt. Ich find Quoten nicht schlecht. Das ist offensichtlich. Ändert sich von selber wirklich nur ganz langsam was. Und wenn wenn es Tools gibt, die man ausprobieren kann - man muss ja nicht sagen, das jetzt für immer so - man kann einfach mal sagen, gucken wir mal, lass uns das ausprobieren, das finde ich für jeden beruflichen... also das finde ich bei politischen Ämtern so. Das ist so hey, ganz ehrlich, das war jetzt die letzten 1000 gefühlt Jahre so wie es jetzt ist und es ändert sich nichts. Frauen verdienen noch immer so viel weniger Geld und wenn man das vielleicht gesetzlich festschreibt, vielleicht ändert sich das, denn man muss es einfach ausprobieren.  

Thomas: Also offensichtlich gibt es halt kein Patentrezept und als Mann frage ich mich gerade auch: Bin ich so "from the Inside looking out" oder von "the outside Looking in"? Ich werde es ja nur immer bis zu einem gewissen Grad verstehen können, wie es ist, als Frau in diesem Bereich tätig zu sein mit all den Nachteilen sozusagen, die auf einen zukommen. Das ist das Allerschwierigste als Mann eben in diesem lockeren "Es ist ja nur locker room talk..." dann zu sagen: "Ne! Es ist offensichtlich diskriminierend und es vor allen Dingen in einem Kontext, der Menschen darauf vorbereiten soll in dieser Branche zu arbeiten, noch hundert Mal mehr unangebrachter ist." Und dann liegt es an jedem selbst auch, sich auszusuchen mit wem will man zusammenarbeiten? Dass man sich immer auch fragt, bevor man eine InstrumentalistIn oder ein Recording Engineer für irgendwas bucht, zu fragen: Gibt es wirklich nur diese Person gerade, die ich fragen könnte? Gibt es nicht vielleicht eine Frau, die ich kenne, die genau das auch sehr gut machen könnte? Um eben das zu empowern und die Präsenz zu stärken? Ich glaub, das ist einfach ganz wichtig dadurch, dass es leider noch immer so wenige weibliche Produzentinnen, weibliche Engineers gibt. Eben immer einfach die Präsenz zu stärken, um dieses Stigma zu lösen, dass es kein normales Bild ist und dass das kein Beruf für Frauen sozusagen ist. Dass das sehr viele Leute dann auch verstehen in diesem Moment, dass hier alle halt in einem Boot sitzen und daran beteiligt sein müssen diese Wende gesamtgesellschaftlich - also auch in der Musik Branche halt irgendwie durchzuführen. Weil es sind nun mal zu einem erschreckend hohen Anteil in dieser Branche Männer, die in den Reformen die Stricke ziehen oder diesen Beruf ausüben. Das heißt, es muss einfach gemeinsam ein Bewusstsein geschaffen werden, gemeinsam was verändert werden und dazu gibt es eben sehr viele gute Initiativen, wie eben zum Beispiel [unverständlich] waves oder key change Europe, Musik Production for Women oder der VT in Deutschland, die sich eben mit diesem Empowerment beschäftigen. Die auch eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit machen, sehr tolle, gut gepflegte Instagram Kanäle haben und Website haben, regelmäßig Webinare veranstalten, außerhalb von Corona auch Workshops veranstalten, Mentorships veranstalten, wo es für jede Person, die sich glaube ich, auch nur annähernd mit diesem Thema Music Production, Audio Engineering, jede Person, jede Frau vor allen Dingen, die sich dafür interessiert sehr gute Angebote gibt, die meistens auch kostenlos sind, die gefördert sind von sehr hoch betagten Brands irgendwie in dieser Industrie, und es gibt sehr viele sehr viele tolle Startmöglichkeiten in eine Branche, die von außen gerade als Frau doch dann ein bisschen eine Aussicht auf ein einsames Dasein ist.  

Miriam: Deutlich wird also vor allen Dingen eines: Die Explosion von Frauen in der musiktechnologischen Branche entstammt einer langen Tradition, die auf geschlechtsbasierten Annahmen über Fähigkeiten und Kompetenzen in der Musik als auch in der Technologie beruht. Klar ist, dass es nicht ausreicht, Mädchen und junge Frauen einfach mehr mit Technologie interagieren zu lassen, denn die beschriebenen sozialen Mechanismen werden auf diese Weise nicht gelöst. Außerdem können Machtverhältnisse weiterhin bestehen bleiben, wenn Frauen in die augenscheinlich in Anführungsstrichen männliche technische Domäne integriert werden und somit ihr Status als Außenseiterin bestehen bleibt. Notwendig ist also die Auseinandersetzung mit Sexismus und geschlechtsspezifischen Stereotypen vor allen Dingen in Lernumgebungen, die diese implizit reproduzieren können. An letzter Stelle möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei unseren InterviewpartnerInnen für ihre Offenheit und den Einblick, den sie uns in ihrer Erfahrungen in der Musiktechnologie gewehrt haben, bedanken. Auch euch Zuhörenden, sagen wir Danke! Wir freuen uns, dass ihr dabei wart und hoffen, dass wir euch einen kleinen Einblick in das Thema Gender innerhalb der Musik Industrie geben konnten. Wir wünschen euch alles Gute und bleibt gesund!



Miriam Pospiech & Isabella Kaul

Postproduktion: Thomas Schöttl
Quellen

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Blank, D. and Frey, L. (2020) ‘Wahrnehmung von Gleichberechtigung in der Musikwirtschaft. Akteur*innen in Mannheim und Region’, in Ahlers, Michael; Grünewald-Schukalla, Lorenz; Jori, Anita; Schwetter, H. (ed.) Jahrbuch für Musikwirtschafts- und Musikkulturforschung. Musik & Empowerment. Wiesbaden: Springer Vs, pp. 209–232.

Deutsches Musikinformationszentrum (2021) Studierende in Studiengängen für Musikberufe – nach Frauen, Männern und Ausländer*innen

Deutscher Musikrat (2020) Jahresbericht 2019/2020, S. 1-54.

Die Bundesregierung (2021) Frauen in MINT_Berufen

Diamond, B. (2006) ‘Local Logics and the Gendering of Music Technology: A Newfoundland Case Study’, Intersections: Canadian Journal of Music, 26(2).

keychange

Mathew, M., Grossman, J. and Andreopoulou, A. (2016) ‘Women in audio: Contributions and challenges in music technology and production’, 141st Audio Engineering Society International Convention 2016, AES 2016.

Sandstrom, B. (2000) ‘Women Mix Engineers and the Power of Sound’, in Moisala, P. and Diamond, B. (eds.) Music and Gender. Urbana: University of Illinois Press, S. 289-305.

Schulz, G. (2016) ‘Zahlen - Daten - Fakten: Geschlechterverhältnisse im Kultur- und Medienbetrieb’, in Schulz, G., Ries, C., and Zimmermann, O. (eds) Frauen in Kultur und Medien. Ein Ãœberblick über aktuelle Tendenzen, Entwicklungen und Lösungsvorschläge. Berlin: Deutscher Kulturrat, S. 27–354. 

Smith, S. L. et al. (2021) ‘Inclusion in the Recording Studio? Gender and Race/Ethnicity of Artists, Songwriters & Producers across 900 Popular Songs from 2012-2020’. 

Verband Unabhängiger Musikunternehmer*innen E.V. 

Zannos I. (1999) Musiktechnologie und Musikalische Kreativität mit Digitalen Medien. In: Wagner G. (eds) Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz. J.B. Metzler, Stuttgart, S. 294-315.


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≠ transformation: Geschlechterungleichheit innerhalb der technologischen Musikproduktion
Geschlechterungleichheit innerhalb der technologischen Musikproduktion
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