Seit langer Zeit heißt es in der Corona-Krise: Zuhause bleiben. Diese Zeit nutzten viele, um in aller Ruhe Videospiele zu spielen. Warum auch nicht?
Seit langer Zeit heißt es in der Corona-Krise: Zuhause bleiben. Diese Zeit nutzten viele, um in aller Ruhe Videospiele zu spielen. Warum auch nicht? Das Angebot ist riesig. Von der Pflege einer virtuellen Insel, über ein Abenteuer als Jedi bis hin zu strategischen Schlachten gegen Vampire, Zwerge und Co. gibt es ein riesiges Angebot an Spielen.
Auch kaufen muss man diese nicht mehr zwangsläufig im Laden, sondern nutzt einfach digitale Plattformen, wie z.B. Origin, Uplay oder Steam. Einmal dort angemeldet, kann man eine Vielzahl von Spielen erwerben, herunterladen und direkt spielen. Selbst bei einem im Laden gekauften Spiel wird inzwischen oft einen Account auf einer dieser digitalen Plattformen gebraucht, um das Spiel zu starten (bei Computerspielen besonders für Steam). Das hält aber keinen ab. Inzwischen zocken über 34,4 Millionen Deutsche, die einen über das Smartphone, die anderen über eine Konsole und wieder andere nutzen ihren Computer (vgl. Jahresreport der deutschen Games-Branche 2019).
In diesem Beitrag soll besonders auf die Plattform Steam geschaut werden. In Deutschland waren es 2019 etwa 13,4 Millionen Menschen, die ihren Computer nutzten, um in neuen/fiktiven Welten Abenteuer zu erleben (vgl. Jahresreport der deutschen Games-Branche 2019). Steam beschreibt sich selbst als „die ultimative Plattform zum Spielen, Diskutieren und Erstellen von Spielen“ (vgl. Steam). In ihrem Jahresrückblick von 2019 spricht das Unternehmen von über 95 Millionen monatlich aktiven Nutzern weltweit (vgl. Steamworks 2020).
Schaut man sich nun das Angebot auf der Plattform Steam an, dann findet man hier viele Mainstram-Produkte aber auch sehr spezielle und auch seltsame Spiele. Das können Spiele sein, in denen man z.B. in der Optik eines Anime eine Schülerin spielt, die ihr normales Schulleben absolviert und daneben für ihre Liebe buchstäblich über Leichen geht (Yandere School). Oder man lernt in einem Verführungssimulator mit echten Schauspielern, wie man Frauen „erobert“ (Super Seducer). Aber auch an Brutalität mangelt es einigen Spielen nicht. So kann man als Scharfschütze miterleben, welche Organe oder Knochen der eigene Schuss gerade zerfetzte (Sniper Elite), oder man sieht zu, wie animierte Kämpfer in einem Duell zerrissen werden (Mortal Kombat).
Betrachten wir die Situation etwas abstrakter: Welche Rahmenbedingungen gibt es, in denen digitale Spiele in Deutschland angeboten werden und inwiefern greift der Staat in diese Thematik ein?
Als erstes fällt diesbezüglich die Altersfreigabekennzeichnung auf, die sich auch bei Filmen findet. Neben dieser Altersempfehlung gibt es noch eine Inhaltseinschätzung anhand von Symbolen. Dadurch wird ersichtlich, ob in einem Spiel Drogen, Sex, Diskriminierung oder Ähnliches eine Rolle spielt.
Hauptaugenmerk liegt bei diesen Einschätzungen auf dem Jugendschutz. Auch die Indizierung von Medien stellt den Jugendschutz in den Mittelpunkt. Damit soll sichergestellt werden, dass diese Spiele Kindern und Jugendlichen nicht im Alltag begegnen. Heißt, sie dürfen nicht in der Öffentlichkeit beworben und verbreitet werden, solange nicht sichergestellt ist, dass nur Erwachsene dadurch erreicht werden. Folglich sind indizierte Spiele nicht grundsätzlich verboten. Gründe, warum ein Spiel indiziert wird, können dabei z.B. Kinder-, Jugend-, Gewalt- und Tierpornografie, NS-Gedankengut oder auch Anreize zum Rassenhass sein.
Interessant an den rechtlichen Regelungen zum Jugendschutz ist dabei, dass hier nach der Art der Trägermedien unterschieden wird. Spiele, die in haptischer Form vorliegen, fallen unter das Jugendschutzgesetz. Spiele, die dagegen nur im Internet angeboten werden, fallen nicht unter dieses Bundesgesetz, sondern unter den Jugendmedienschutzstaatsvertrag der Länder. Dieser umfasst neben dem Schutz der Jugendlichen auch den Schutz Erwachsener z.B. vor der Verletzung der Menschenwürde. Trotzdem stellt sich die Frage, warum dies über einen Staatsvertrag und nicht über ein Gesetz geregelt wurde?
Neben diesen Regelungen gibt es auch Verbote im Strafgesetzbuch (StGB). Da lässt sich § 131 StGB nennen. Nach diesem ist z.B. der Verkauf von gewaltverherrlichenden Spielen verboten und kann mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bestraft werden. Das klingt doch alles gar nicht schlecht, oder? Allerdings umfasst Steam, nach eigenen Angaben, allein etwa 30.000 Spiele (vgl. Steam) und man kann davon ausgehen, dass die staatlichen Behörden nicht alle davon „auf dem Schirm“ haben, auch wenn sie diese theoretisch laut der Seite des USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) oder der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien sogar beschlagnahmen dürften.
Bei Steam, betrieben von der US-amerikanischen Firma Valve, handelt es sich um eine Spieleplattform bzw. Verkaufsplattform, auf der jeder ab 13 Jahren einen Account einrichten kann (vgl. Steam-Nutzungsvertrag). Die Einhaltung des deutschen Jugendschutzes wird auf Steam dadurch garantiert, dass die Plattform die Eltern von Minderjährigen in die Pflicht nimmt. Das heißt, dass diese ein Jugendschutzprogramm (JusProg) auf dem Computer ihres Kindes vorinstallieren müssen, um zu gewährleisten, dass diese keine Spiele für Erwachsene spielen können (vgl. JusProg).
Steam bietet neben den verschiedenen Spielen auch ein eigenes Tool für Entwickler an, damit Produkte einfach hochgeladen werden können. Dem schließt sich ein kurzer Prüfungszeitraum, den die Plattform nutzt, um über die Veröffentlichung zu entscheiden, an. In diesem Prüfverfahren werden laut Steam die folgenden drei Felder untersucht: Die Shopseite, das Produkt und sogenannte Sammelkarten. Mit Blick auf das Produkt gibt es wiederum drei Kriterien, die erfüllt werden müssen, damit dieses veröffentlicht werden darf: Das Produkt muss problemlos laufen, auf der Shopseite angekündigte Zusatzfunktionen müssen enthalten sein und alle Transaktionen müssen über das Steam-Guthaben abgewickelt werden (vgl. Prüfverfahren).
Diese Kontrolle scheint aber im Hinblick auf eine inhaltliche Überprüfung nach nicht jugendfreien Inhalten, verleumderischen Aussagen oder nach Rechtswidrigkeiten recht schwach auszufallen. Wie sonst ist es zu erklären, dass z.B. ein Spiel, das Vergewaltigungen zelebriert und in dem man danach auch noch seine Opfer ermorden kann, zugelassen wird? Aber solange Spiele „nur“ illegale Aktivitäten enthalten und nicht glorifizieren, als Spiele für Erwachsene deklariert werden und dazu noch sachgerecht über den Inhalt berichten, verstoßen auch die fragwürdigsten Spiele nicht zwangsläufig gegen die Richtlinien. Das heißt dann aber auch, dass unter anderem Pornos und dann auch die Kommentare im Chat über das erschwerte Gameplay mit nur einer Hand (Kommentar zu Wet Girl) auf Steam ihren Platz finden. Daneben gibt es dann auch eben Spiele, die einen Aufschrei in der Community auslösen und die Steam dann, nicht wegen fragwürdiger Inhalte, sondern aus Sorge vor nicht absehbaren Kosten und Risiken, wieder entfernt, also aus wirtschaftlichen Gründen.
Wenn man über diese ganze Thematik nachdenkt, hinterlässt das einen gewissen Nachgeschmack. Man findet auf Steam zwar alles was das Herz begehrt aber auch eben viel mehr, als der eigene Magen verkraften kann. Dafür gibt es dann die bereits oben genannten Filter. Das heißt, der Nutzer verbleibt weiterhin in seiner sicheren Blase ohne je von den furchtbaren Spielen belästigt zu werden. Oder aus der anderen Perspektive betrachtet: Der gewaltliebende, frauenverachtende oder rassistische Nutzer freut sich, dass er seinen Präferenzen entsprechende Spiele vorgeschlagen bekommt. Was für ein Gewinn.
RM



